Geschichte
Die Zeit der „Dampfmaschinen auf Rädern“ wäre ohne die Katastrophen beider Weltkriege wahrscheinlich und
zumindest in Europa schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts zu Ende gegangen. Dieses wurde erst Anfang
der 50er Jahre eingeläutet, als im Laufe des so genannten Wirtschaftswunders mehr und mehr Mobilität für Waren
und Personen nachgefragt wurde, als aufgrund neuer Kaufkraft und Reiselust der Menschen der Bedarf an schnellen
und leistungsfähigen Diesellokomotiven für Fahrstrecken ohne Oberleitung wuchs und hochwertig-moderne Schnellzüge
– bislang mit Dampfloks bespannt – als einzige Lösung erschienen. Auch die Technik der Vorkriegs-Dieseltriebwagen
war veraltet, neue Fahrzeuge mussten auf die Schiene. Damals sah der Typenplan der Deutschen Bundesbahn unter
anderem eine zwei-motorige Diesellok mit 2 000 PS Leistung und einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h vor:
das wurde die Baureihe V200. Als Folge wurde diese wohl bekannteste Lok der noch jungen Deutschen Bundesbahn
gemeinsam vom BZA München, Krauss-Maffei sowie unter Beteiligung einiger anderer Firmen entwickelt. In deren
Konstruktion flossen Erkenntnisse und Erfahrungen mit den betagteren Baureihen V80, VT08 und VT12 ein.
Im Grunde genommen war die V200 eine in der Leistung verdoppelte V80 mit zwei Frontführerständen. Zunächst
wurden fünf Vorauslokomotiven in Stahlleichtbauweise in den Jahren 1953 und 1954 von Krauss-Maffei in München
gebaut (V200 001 bis V200 005). Schon 1953 präsentierte sich die V200 001 auf der Münchener Verkehrsaus-
stellung der interessierten Öffentlichkeit und fand natürlich großes Publikumsinteresse.
Mit Auslieferung dieser Lokomotive begann eine neue Epoche der Zugförderung der Deutschen Bundesbahn. Für den
Einsatz im schweren Streckendienst mit Reisezügen stand mit der V200 jetzt eine Zugmaschine zur Verfügung, die die
längst in die Jahre gekommenen Dampflokomotiven der Baureihen 01, 03 und 39 ablösen konnte. Trotz höherer Be-
schaffungskosten und des damals schon hoch besteuerten Dieselkraftstoffs war mit dem Einsatz von Großdiesel-
lokomotiven längerfristig verbesserte Wirtschaftlichkeit zu erwarten. Am 21. Mai 1953 unternahm die V200 001 ihre
erste Fahrt vom Entstehungsort in München-Allach in das 71 km entfernte Ingolstadt und zurück. Sowohl das Lok-
personal als auch mitfahrende Fachleute zeigten sich beeindruckt. Die V200 war aber nicht nur für Fern-, Schnell- und
Eilzüge bestimmt, sondern auch dafür ausgelegt, schwere Güterzüge auf Hauptbahnen zu befördern.
Die Serienfertigung begann von 1956 an, wobei 20 Maschinen von MaK (V200 006 bis V200 025) und 61 von Krauss-
Maffei (V200 026 bis V200 081) gebaut wurden. Optisch unterschieden sie sich von der Vorserie durch ovale Lampen
und zusätzliche Gitter über den Lampen, hinter denen sich die Makrophone verbergen. Bei den Vorserienloks hingegen
befand sich eine Druckluftpfeife zwischen den Frontfenstern. Die V200 verfügt über zwei Maschinenanlagen mit jeweils
einem schnelllaufenden V12 Dieselmotor. Beide haben eigene Kühlanlage und separaten Kühlwasserkreislauf. So kann
bei Ausfall eines Triebwerkteils noch mit dem zweiten gefahren werden. Jeder Motor wirkt über ein hydraulisches Ge-
triebe auf ein Drehgestell. Auf steigungsreichen Strecken der Allgäu- und Schwarzwaldbahn stieß die Ursprungsversion
der Baureihe V200 jedoch allmählich durch immer schwerer werdende Reisezüge an ihre Belastungsgrenze, so dass
Verspätungen kaum mehr aufgeholt werden konnten.
Aus diesem Grund begann die Entwicklung der leistungsstärkeren Baureihe V200.1 (ab 1968 BR 221). Ab 1962 wur-
den diese neuen Lokomotiven mit ihren beiden V12 Dieselmotoren mit insgesamt 2 700 PS von Krauss-Maffei ausge-
liefert. Anfänglich beförderten die älteren V200.0 und die nachfolgenden V200.1 hochwertige Personenzüge, wurden
später aber in Folge fortschreitender Elektrifizierung des Bahnnetzes mehr und mehr in den Nahverkehrs- und Güter-
zugdienst verdrängt. Ab 1977 zog die DB die Maschinen in norddeutschen Bahnbetriebswerken zusammen. Mit der Zeit
machte sich der erhöhte Wartungsaufwand aufgrund zweier Maschinenanlagen im Vergleich zu einmotorigen Loko-
motiven negativ bemerkbar. Zusätzlich stellte sich die Dampfheizung wegen erhöhten Wartungsaufwands gegenüber
elektrischer Zugheizung als nachteilig heraus. Neu beschaffte Fahrzeuge wurden ohnehin nur noch mit E-Heizung aus-
geliefert. So kam es nach und nach zur Ausmusterung dieser Baureihen. Als letzte wurde die V200 013 im Jahr 1984
außer Dienst gestellt, so dass keine V200.0 länger als 30 Jahre im Dienst stand. Nur drei Maschinen erhielten die
Lackierung des ab 1974 gültigen Farbschemas „ozeanblau/beige“ − nämlich die 220 012, 220 023 und 220 060.
Einige Loks wurden an andere Staatsbahnen ins Ausland verkauft, so z. B. nach Albanien, Griechenland, Italien und in
die Schweiz. Dafür erhielten sie vor der Auslieferung bzw. Übernahme eine bessere Schallisolierung und wurden dann
als Am 4/4 in Dienst gestellt. Manche dieser ins Ausland verkauften Lokomotiven kehrten nach Deutschland zurück.
Einige davon gingen modernisiert wieder in Betrieb. Erhalten geblieben sind überdies auch Exemplare, die zum Einsatz
bei Museumsbahnen und Gleisbauunternehmen kamen.